
Die Geschichte vom barmherzigen Samariter ist vermutlich den meisten von uns nur all zu gut bekannt.1 Ein Mann fällt unter die Räuber und wird brutal zusammengeschlagen. Ein Priester und ein Levit gehen vorüber und lassen ihn einfach liegen. Erst der Samariter bleibt stehen, versorgt seine Wunden und bringt ihn in ein Gasthaus um ihn versorgen zu lassen.
In seiner „Ökobibel“ interpretiert Hans Hentschel diese Geschichte neu, indem er überlegt wie wäre das denn eigentlich wenn die Schöpfung, unsere Erde diejenige wäre, die unter die Räuber fällt? Und ist das nicht eigentlich ein ganz treffendes Bild für den aktuellen Zustand unseres Planeten? Ich male mir diese Geschichte unter dieser Vorstellung weiter aus:
Unser Planet wurde überfallen und ausgeraubt.
Gott hat ihn uns geschenkt als Lebensraum.
Wunderschön, mit Platz für alle. Frischer Luft zum Atmen. Gesunden Lebensmitteln für alle Menschen und Tiere. Und er hat uns den Auftrag gegeben: Bebaut diese Erde und BEWAHRT sie. Der Mensch hat es geschafft, sich die Dinge dieser Erde sinnvoll zu Nutze zu machen, nur leider hat er es auf dem Rücken der Natur ausgetragen und die Gemeinschaft der Arten aus dem Blick verloren.
So hat er angefangen dem Planeten die Bäume auszureißen, zu viele Bäume, mehr als wieder nachwachsen können.
Er hat die Bodenschätze geplündert, war sogar bereit dafür zu morden und blühende Landschaften in Wüsten zu verwandeln. (Rund um Lützerath beispielsweise kann man sich wunderbar ansehen wie so etwas aussieht).
Er hat allerlei Dinge verbrannt, die man besser nicht verbrennen sollte und die Luft verpestet und das Gleichgewicht der Atmosphäre gestört.
Er hat die Moore trockengelegt und damit Unmengen an Treibhausgasen freigesetzt.
Er hat die Erde einbetoniert, den natürlichen Flussverlauf verändert, das Wasser verschwendet und vergiftet.
Er hat massenhaft Tiere gezüchtet um sie anschließend zu töten und damit den empfindlichen Kreislauf des Lebens aus dem Takt gebracht. Er hat in seinem Streben nach einem besseren Leben das ganze System des Miteinanders der Arten gestört.
Kurzum: Der Planet liegt am Boden und droht zu sterben.
Massenhaft viele Arten sterben jeden Tag aus, weil sie sich nicht schnell genug an die Erderwärmung anpassen können.
Tausende Menschen sind bedroht, weil ihre Lebensräume sprichwörtlich weggespült werden oder sie schlicht nichts mehr zu essen finden.
Klimawandel hat auch viel mit Klimagerechtigkeit zu tun.
Der Mensch ist in vollem Gange, die eigene Lebensgrundlage zu zerstören und das schöne Geschenk, das Gott ihm gemacht hat mit Füßen zu treten.
Und nun?
Die Menschen sehen die geschlagene und ausgebeutete Schöpfung, aber sie gehen vorüber.
Eine Frau huscht vorüber und denkt: „Oh das sieht aber gar nicht gut aus. Das kann ich mir nicht ansehen. Besser ich gehe schnell vorbei. Das Leben ist zu kurz um sich auf das Negative zu konzentrieren. Was gibt es nicht alles Schönes im Leben. Ich baue mir meine kleine feine Welt und die ist eigentlich noch ganz in Ordnung. So schlimm wird’s schon nicht werden.“
Ein Mann kommt vorbei und sagt: „Oh die Erde liegt am Boden? Na ja, was soll man da machen? Ich als kleine Einzelperson kann da nichts tun. Und Deutschland als kleines Land auch nicht. Da müssen erstmal die großen Länder ran: China, die USA. Solange da alles verkehrt läuft brauche ich nicht anfangen weniger Schnitzel zu essen oder weniger Auto zu fahren. Das fällt doch eh nicht ins Gewicht.“
Eine dritte Person geht vorbei und grummelt: „Wir werden doch nur noch gegängelt! Jetzt belästigen sie uns auch noch mit Bildern von der vermeintlich zerstörten Erde. So schlimm ist es doch gar nicht. Dürreperioden gab es doch immer schon. Starkregen auch. Das ist doch alles nur Panikmache! Die sollen mich in Ruhe lassen, ich lebe mein Leben weiter so wie ich will. Das habe ich mir verdient. Mein Alltag ist hart genug. Mir nimmt keiner was weg und ich lasse mir nichts verbieten!“
Und du? Und ich? Was denken, was sagen wir?
Es ist so leicht eine Ausrede zu finden, so bequem dieses Bild einfach auszublenden.
Ja, es ist nicht leicht stehenzubleiben und dieses Bild auszuhalten! Für den ersten Moment mag es als der leichtere Weg erscheinen, die grässlichen Bilder fern von uns zu halten. Aber ist das wirklich die Lösung, dem Problem aus dem Weg zu gehen? Das frage ich mich immer wieder.
Sollen wir alle einfach vorbeilaufen?
Es ignorieren und schnell wieder vergessen?
Oder lohnt es sich nicht doch einmal stehen zu bleiben?
Uns die Wunden genau anzusehen?
Vielleicht können wir ja doch hier und da ein Pflaster aufkleben.
Der Erde wieder aufhelfen? Der Barmherzige Samariter hat es doch auch geschafft.
Was wäre, wenn wir es zumindest versuchen? Irgendwo anfangen. Jeder an einer anderen kleinen Stelle?
Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass es unglaublich gut tut, etwas tun zu können.
Sich gemeinsam zu stärken und irgendwo anzufangen. Vor zwei Wochen haben wir mit ein paar Menschen in Fröndenberg einen neuen Wald gepflanzt. Das war eine tolle Aktion!
Ich merke: Mir tut es jedenfalls nicht gut, die Augen zu verschließen und mich einzugraben.
Ich denke: Die Probleme werden uns eh irgendwann einholen.
Und: Das bin ich meinen Kindern doch schuldig, ihnen noch ein gutes Leben zu ermöglichen, wenigstens alles zu versuchen.
Deshalb habe ich mich entschieden zu kämpfen, mich der Realität zu stellen.
Die Ärmel hochzukrempeln statt den Kopf in den Sand zu stecken.
Und mir hilft auch mein Glaube an Gott unseren Schöpfer dabei, diese Welt noch nicht aufzugeben.
Er hat diese Welt so wunderbar gemacht. Er kann uns auch die Kraft geben, sie zu erhalten. Er kämpft an unserer Seite.
Mit unserer Klimafastenaktion, die in dieser Woche gestartet ist, wollen wir als Gemeinde dazu einladen, uns gemeinsam auf den Weg zu machen, Erste Hilfe an unserer Erde zu leisten. Es gibt so viele Möglichkeiten, etwas zu tun.
Für alle Begabungen und Interessen ist da etwas dabei.
Wer gerne kocht, kann neue leckere klimafreundliche Rezepte kennenlernen.
Wer gerne shoppt, kann beim Kleidertausch neue Klamotten finden und das was nicht mehr gefällt an andere weitergeben.
Wer gerne Auto fährt, kann mal ganz neue Fahrzeuge ausprobieren, die anders angetrieben werden aber trotzdem eine Menge Fahrspaß bieten.
Wer gerne gärtnert kann mithelfen Blühwiesen anzulegen oder Bäume zu pflanzen.
Wer noch mehr darüber wissen möchte, was das Ganze eigentlich mit unserem christlichen Glauben zu tun hat, der ist eingeladen zu hören wie Hans Hentschel die Bibel durch die Klimabrille liest. Er kommt zu uns nach Fröndenberg ganz bald. Das Buch kann man auch kaufen, ist sehr spannend.2
Das komplette Klimafastenprogramm in Fröndenberg findet ihr auf der homepage unserer Kirchengemeinde.3
Ich lege es euch sehr ans Herz und freue mich darauf, gemeinsam loszulegen.
Es gibt noch Hoffnung für diese Welt.
Lasst uns stehenbleiben und schauen was geht. Nicht einfach weiterrennen und so tun als wäre nichts. Das hat unsere Erde doch nicht verdient. Und unsere Kinder und Enkelkinder auch nicht, finde ich.
1 Die Bibel, Lukas 10, 25-37.
2 Hans Hentschel, Gott wollte nie die Abrissbirne, BVK Buchverlag Kempen, 2022.
3 Klimafasten 2023 : Evangelische Kirchengemeinde Fröndenberg und Bausenhagen (ek-froendenberg.de)