
Am Muttertag neulich fragte mich mein ältester Sohn: Mama, gibt es eigentlich gar keinen Vatertag? Das ist doch unfair.
Recht hat er – damit dass es natürlich auch einen Vatertag geben sollte.
Und es gibt ja auch einen, heute, nur dass der in unserer Familie nicht so gefeiert wird, weil Vatertag ja Himmelfahrt ist. Und als Christen feiern wir da ja nun mal Himmelfahrt, der Tag ist schon besetzt.
Und dann gibt es aber eine ganz große Menge von Menschen, die kennen diesen Tag nur als Vatertag schätze ich, die wissen gar nicht was das ist. Himmelfahrt?
Und wahrscheinlich ist das ja ein kirchliches Problem, das wir das, was wir feiern irgendwie gar nicht gut vermarkten und deshalb keiner mehr weiß was wir eigentlich feiern. Und dann wird etwas anderes draus. So wie Halloween am Reformationstag. Ist halt cooler sich zu verkleiden und Süßigkeiten zu sammeln als einem alten Mann in Mönchskleidern zu gedenken. Oder so wie heute mit nem Bollerwagen und ner Pulle Bier durch die Natur zu laufen als was genau sonst zu tun – heute an diesem Tag?
Dabei ist das was jeweils hinter diesen Tagen steckt eigentlich eine mega Geschichte und bietet etwas, was die Welt sonst gar nicht bieten kann.
Schade irgendwie, dass wir nicht mehr daraus machen. Aber anstatt nun darüber zu jammern oder darüber zu schimpfen, dass das so ist, und das was Neues daraus geworden ist zu boykottieren, könnten wir ja überlegen wie wir unsere Feiertage wieder attraktiver machen. Oder wie wir im Falle des Himmelfahrtstages auch an das Neu entstandene anknüpfen können.
Himmelfahrt ist nämlich voll und ganz Vatertag. Schon immer gewesen.
In einer seiner Abschiedsreden bevor er in den Himmel fährt sagt Jesus zu seinen Jüngern folgendes: (Joh 14,1-6)
141»Lasst euch im Herzen keine Angst machen. Glaubt an Gott und glaubt an mich.2Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: ›Ich gehe dorthin, um für euch einen Platz vorzubereiten‹?3Und wenn ich dorthin gegangen bin und für euch einen Platz vorbereitet habe, werde ich wiederkommen. Dann werde ich euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin.4Ihr kennt ja den Weg zu dem Ort, wo ich hingehe.«
5Thomas sagte zu ihm:»Herr, wir wissen nicht, wo du hingehst.Wie können wir dann den Weg dorthin kennen?«6Jesus antwortete:»Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.Es gibt keinen anderen Weg zum Vater als mich.
Was antworten wir Menschen, wenn wir gefragt werden: Was feiert ihr da eigentlich an Himmelfahrt? Vielelicht in etwa so: An Himmelfahrt feiern wir, dass Jesus in den Himmel aufgefahren ist. Wie jetzt? Jesus fährt weg und das feiert ihr? Ja, das ist wirklich ein bisschen schwer zu verstehen.
Die Jünger damals waren auch total traurig und entsetzt als Jesus ihnen ankündigte, dass er fortgehen würde. Sie hatten immerhin eine richtig gute Zeit zusammen gehabt. Sie wollten ihn bei sich behalten. Aber dann sagte er zu seinen Jüngern eben das: lasst euch keine Angst machen! Und: ich gehe nur schon mal vor und bereite alles für euch vor. Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Und eines Tages werde ich euch zu mir holen.
Himmelfahrt heißt: Jesus kehrt heim zu seinem Vater. Und er macht deutlich, dass sein Vater auch unser Vater ist. In seinem Haus gibt es viel Platz und wir werden eines Tages auch dorthin kommen.
Ich weiß nicht was das Wort „Vater“ in euch auslöst. Die Erfahrungen, die wir mit unseren Vätern gemacht haben sind sicher ambivalent. Einige von uns sind von ihren Vätern schwer enttäuscht worden. Viele Väter sind gescheitert und ihrer Rolle nicht gerecht geworden. Damals wie heute. Ich selbst, die auch eine von denen ist, die eine schwierige Vaterbeziehung hatte, kann nur sagen: Ja, das ist so. Als Menschen werden wir enttäuscht. Väter und Mütter werden ihrer Rolle nicht immer gerecht. Wenn wir selbst Mütter und Väter werden merken wir das erst recht.
Viele Verletzungen, die wir tief in uns tragen haben mit gebrochenen Beziehungen zu Müttern und Vätern zu tun. Aber um so befreiender und heilsamer ist doch das Wissen: Es gibt noch einen Vater im Himmel, einen Vater, der genauso auch wie eine Mutter ist, der diese Rolle der Elternschaft perfekt ausfüllt. Ein Vater, dessen geliebte Kinder wir sind. Der uns so sehr liebt, wie kein Mensch das je tun könnte. Das hat mich immer sehr getröstet.
Das Wort „Vater“ steht ja auch für eine Sehnsucht. Die tiefe Sehnsucht nach Halt und Geborgenheit. Nach jemandem, der uns bedingungslos liebt und annimmt, bei dem wir so wie wir sind zu Hause sein dürfen. Kein Vater dieser Welt kann und muss das leisten. Aber einen gibt es, der dies tatsächlich für uns tut. Unser Vater im Himmel. Zu dem Jesus schon zurückgekehrt ist um alles dort für uns vorzubereiten. Ich finde diese Vorstellung vom Haus des Vaters mit vielen Wohnungen ganz großartig. Ich stelle mir vor, wie das sein wird. Viele Wohnungen für ganz viele unterschiedliche Menschen. Wie es da einen Raum gibt nur für mich. Den Jesus schon frisch gestrichen hat in meinen Lieblingsfarben. Auf dem Tisch meine schönsten Lieblingsblumen und ein frisch gebackener Kuchen und ein Bett mit hundert kuscheligen Kissen. Ein Raum, der Liebe ausstrahlt und der in allem sagt: Du bist willkommen, komm rein, so wie du bist. Das ist dein Zuhause. Und Gott wohnt dann mitten unter uns, im selben Haus. So wird es auch beschrieben in Offb 21: Und er wird bei ihnen wohnen und sie werden sein Volk sein. Ein Volk aus vielen Völkern. Gott als Mitbewohner. Eine gelungene Wohngemeinschaft. Was für ein schönes Bild!
Aha. Mmh. Und jetzt kommen die Zweifler. So wie Thomas. Jesus sagt: „Ihr kennt ja den Weg zu dem Ort wo ich hingehe.“ Und Thomas sagt: „Häh? Nein. Wir wissen nicht wohin du gehst. Warum du überhaupt weggehen musst und was dann aus uns werden soll. Wie sollen wir dann den Weg dorthin kennen wo du hingehst.“
„Himmelfahrt. Was fürn Quatsch.“ Die Zweifler von heute. „Jesus fährt auf einer Wolke in den Himmel – wie in so nem science fiction Film. Und dann renoviert er auch noch unser zukünftiges Zuhause. Und überhaupt: Vater im Himmel? Mag ja ein ganz nettes Märchen sein, aber ich verstehe davon nichts.“
Jesus sagt: ICH bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Es gibt keinen anderen Weg zum Vater als durch mich. Das lesen wir hier ganz klar und deutlich.
Jesus hat in seinem ganzen irdischen Leben vorgelebt, wer er ist. Die Fenster unserer Dorfkirche zeugen alle davon: Jesus ist der Weg, die Wahrheit, das Leben, das Brot, das Wasser, der Hirte, der König, die Tür. Durch ihn können wir erkennen wer Gott ist. Durch ihn kommen wir in eine Beziehung zu diesem Gott, der unser aller Vater ist.
Und wenn wir mit Jesus leben, bekommen wir jetzt schon einen Vorgeschmack auf den Himmel.
Himmelfahrt ist Vatertag.
Ein Tag, unserem Vater im Himmel zu danken für alles, was er uns Gutes tut.
Ein Tag, um uns ganz neu bewusst zu machen: Wir haben tatsächlich einen Vater, einen guten Vater, der uns vollkommen liebt. Ganz abgesehen von allen Erfahrungen die wir mit irdischen Vätern gemacht haben.
Ein Tag, das Leben zu genießen und sich ein bisschen vorzufreuen, was danach erst noch kommt. Unser Leben nach dem irdischen Leben wird noch viel schöner und vollkommener sein als alles was wir hier an Schönem erleben können. Das ist das Versprechen was Jesus uns als seine Nachfolger gibt.
Deshalb lasst uns doch diesen Himmelfahrtstag wirklich als Vatertag feiern.
Und unserer Beziehung zu Gott unserem Vater an diesem Tag Raum geben.
Vielleicht machen wir dann auch einen Spaziergang in der Natur, wo wir uns Gott, unserem Schöpfer besonders nahe fühlen.
Oder wir schreiben ihm einen Brief.
Oder wir singen ihm ein Lied.
Darin können wir ja mal ganz kreativ werden. Und den Vatertag mit neuem Inhalt füllen.
Wenn ihr eine Idee dazu habt, schreibt sie doch gern hier unten in den Kommentar!:-)
Liebe Runa,deine Predigt hat mich sehr ge- und berührt und gefesselt. Es hat einiges in mir ausgelöst,was ich heute erst einmal sortieren muß. Vielen Dank für diese ausführliche Erklärung zu Christi Himmelfahrt. Herzlichst Heidi🌹
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Sehr gerne liebe Heidi, danke für die Rückmeldung und dir einen gesegneten Himmelfahrtstag ☺️
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